Das Alte Türkische Weltbild: Untere, Mittlere und Obere Welt
- Adem Küçük
- 30. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Seit Anbeginn der Zeit schauen die Menschen zum Himmel,stehen auf der Erde und suchen nach innerem Gleichgewicht.Im alten türkischen Denken wurde dieses Streben im Konzept der „Drei Welten“ verankert:
Yer (Unterwelt)
Orta Dünya (Mittlere Welt)
Gök (Himmel/Obere Welt)
Diese Vorstellung war nicht nur religiös –sie prägte das Staatswesen, die Gesellschaft, Rituale und das Weltverständnis der Türken.
1. Gök – Der Himmel: Reich des Tengri und der Ordnung
Der Himmel war die Heimat von Tengri (Himmelsgott) –die Quelle aller Macht und kosmischer Ordnung.
Der Himmel stand für Ewigkeit, Weite und göttliche Gerechtigkeit.
Von dort kam der „Kut“, die heilige Kraft, die Herrschern ihre Legitimität verlieh.
Schamanen (Kam) reisten durch die neun Himmelssphären, um Botschaften zu empfangen und mit Wesen wie Umay Ana zu sprechen.
Der Himmel war nicht nur oben –er war auch im Inneren der Seele.
2. Orta Dünya – Die Mittlere Welt: Das Leben der Menschen
Die mittlere Welt war die Welt der Menschen, Gesetze und Taten:
Hier wurden Jurten errichtet,
Töre (Gesetze und Sitten) regelten das Miteinander,
Schamanen beteten,
und Helden herrschten und kämpften.
Doch diese Welt war nicht nur materiell:Sie war der Ort, wo Gleichgewicht und Verantwortung gelebt wurden.
Wer das kosmische Gleichgewicht brach,verlor seinen Kut – und mit ihm Macht, Volk und Reich.
3. Yer – Die Unterwelt: Dunkelheit, Tod und Geister
Yer, die Unterwelt, war:
Das Reich des Erlik Han, Herr der Finsternis,
Die Heimat der Ahnengeister,
Ein Ort, der gefürchtet und geehrt wurde.
Opfergaben wurden dargebracht,Schamanen stiegen in Trance oder Traum hinab.Die Unterwelt war nicht „böse“,sondern ein notwendiger Teil der kosmischen Ordnung.
Drei Welten – Ein Ganzes
Diese drei Ebenen waren nicht voneinander getrennt,sondern ineinander verwoben und voneinander abhängig:
Der Herrscher erhielt seine Kraft vom Himmel,
regierte in der mittleren Welt,
und stürzte in die Unterwelt, wenn er das Gleichgewicht verlor.
Das gesamte Leben – Glauben, Macht, Alltag –war Teil dieses kosmischen Dreiecks.
Schlusswort: Die Drei Welten leben in uns weiter
Vielleicht bauen wir heute keine Jurten mehr...Aber wir blicken noch immer zum Himmel,stehen fest auf der Erdeund spüren das Unergründliche unter unseren Füßen.
Himmel, Mittlere Welt, Unterwelt –nicht nur ein Glaube, sondern das lebendige Gedächtnis der türkischen Seele.
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