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Meine Mutter dachte, ich sei hingerichtet worden, und erlitt einen Schlaganfall.

  • Autorenbild: Adem Küçük
    Adem Küçük
  • 23. Mai
  • 2 Min. Lesezeit

Meine Mutter dachte, ich sei hingerichtet worden, und erlitt einen Schlaganfall. Die arme Frau, die zum Ideal des ganzen Volkes geworden war, hat nun ihren Körper auf dem heiligen Boden von Izmir zur Ruhe gelegt. Freunde, der Tod ist das natürlichste Gesetz der Schöpfung. Doch zeigt er manchmal tragische Erscheinungen.

Meine hier ruhende Mutter wurde Opfer eines willkürlichen, unterdrückenden Regimes, das das ganze Volk an den Rand des Abgrunds geführt hatte. Erlaubt mir, einige markante Punkte ihres leidvollen Lebens zu schildern.

Es war während der Herrschaft Abdülhamids. Im Jahr 1905 hatte ich gerade als Hauptmann des Generalstabs die Militärschule abgeschlossen. Ich machte meine ersten Schritte ins Leben. Doch dieser Schritt war nicht ins Leben, sondern ins Gefängnis. Eines Tages nahm man mich fest und warf mich in die Kerker der Tyrannei. Ich blieb dort monatelang.

Meine Mutter erfuhr davon erst nach meiner Entlassung. Sie eilte sofort, mich zu sehen. Sie kam nach Istanbul. Aber wir konnten uns nur einige Tage lang sehen. Denn wieder hatten die Spione und Schergen des tyrannischen Regimes unser Haus umstellt und mich erneut verhaftet.

Meine Mutter folgte mir weinend. Als ich auf das Schiff gebracht wurde, das mich ins Exil bringen sollte, durfte sie mich nicht sehen. Sie blieb in Tränen und Kummer am Pier von Sirkeci zurück.

Die Kämpfe, die ich im Exil führte, verwandelten ihr Leben in ein Dasein voller Leid und Tränen. Ein weiterer Punkt: Während der Waffenstillstandszeit, als ich nach Anatolien ging, musste ich sie in einem leidenden Zustand in Istanbul zurücklassen. Ein Begleiter, den sie mir mitgegeben hatte, wurde von Erzurum nach Istanbul zurückgeschickt. Als sie sah, dass er allein zurückkam, glaubte sie, dass das Todesurteil, das der Kalif und Sultan gegen mich verhängt hatten, vollstreckt worden sei – und dieser Glaube verursachte ihren Schlaganfall.

Von da an verbrachte sie alle Kampfjahre in Schmerz und Leid. Sie wurde ständig von den Feinden und der Regierung des Sultans bedrängt und gequält. Ihre Wohnung wurde unter vielen Vorwänden durchsucht, sie wurde schikaniert.

Drei Jahre und sechs Monate verbrachte sie Tag und Nacht in Tränen. Diese Tränen raubten ihr das Augenlicht. Schließlich konnte ich sie aus Istanbul befreien. Als ich sie endlich wiedersehen konnte, war sie körperlich bereits gestorben – nur ihr Geist lebte noch.

Der Verlust meiner Mutter betrübt mich zutiefst. Doch es tröstet mich, dass das Regime, das unser Vaterland zerstört hat, nun für immer verschwunden ist. Meine Mutter ruht unter dieser Erde, aber die nationale Souveränität wird ewig bestehen. Das ist meine größte Kraftquelle.

Ja, die nationale Souveränität wird ewig bestehen. Ich wiederhole meinen Gewissensschwur vor dem Grab meiner Mutter und in Gottes Gegenwart.

Ich schwöre vor dem Grab meiner Mutter und vor Gott, dass ich, wenn es nötig ist, ohne Zögern zu ihr in den Tod gehen werde, um die mit so viel Blut errungene und gefestigte Souveränität zu bewahren und zu verteidigen. Für die nationale Souveränität mein Leben zu geben, sei mir ein Gewissens- und Ehrenschwur.


Hôkimiyeti Milliye, 29 Ocak 1923, No: 725, s.1-2


 
 
 

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